Wendelin Renn
Pfeil
Rose Stach bemalte das Straßenpflaster in der Kaufhausgasse in der Form eines monumentalen und anamorphotisch verzerrten Verkehrspfeiles in den Farben rot und weiß. Die zackigen Farbfelder ihres ´Pfeils´ korrespondieren dabei mit dem ebenfalls gezackten maiolikagedeckten nördlichen Münsterturm. Auch verweist seine ´verzerrte´Form auf die mittelalterliche Fassadenarchitektur der Monumentalbauten, die ebenfalls anamorphotische Struktur besitzt. Der Pfeil selbst ist gemeinhin ein Richtungsanzeiger und deutet in der Arbeit von Rose Stach (vermeintlich) auf den zentralen Punkt im Villinger Stadtbild: Das Münster Unserer Lieben Frau. Vom Ende aus betrachtet deutet der Pfeil jedoch auf etwas, was von diesem Standpunkt aus noch nicht zu sehen ist, doch entsprechend der Dimension des Pfeiles von größter Bedeutung sein muß. Folgt der Betrachter dem Pfeil, nimmt er nicht nur die anamorphotische Wirkung visuell wahr, sondern blickt wie die Pfeilspitze nicht zum Münster, sondern auf die Wand des die Gasse begrenzenden Hauses.
Die Bodenarbeit von Rose Stach verdeutlicht in prägnanter Weise unser mittlerweile blindes Vertrauen und unsere Abhängigkeit in die allgegenwärtigen Piktogramme, ohne die weder Verkehrsströme zu lenken, noch die ungehinderte Mobilität von Menschenmassen möglich scheinen. So gelesen führt der Pfeil von Rose Stach den Betrachter jedoch nur vermeintlich ins Leere.
Wendelin Renn 1999